Im Dialog: Megatrends
Interview mit Dr. Eric Schott
Wir sprechen mit Dr. Eric Schott. Er erklärt uns, welche Rolle das Mindset in einem Unternehmen beim digitalen Wandel spielt und warum Plattformen, bildlich gesprochen, von restriktiven Mautstraßen zu frei zugänglichen Autobahn- und Straßennetzen werden müssen.
Markus Warg
Sie beraten Ihre Kunden bei der Entwicklung von digitalen Transformationsstrategien und digitalen Geschäftsmodellen sowie deren Umsetzung. Welche Megatrends spielen in Ihrem beruflichen Umfeld eine Rolle?
Eric Schott
Tatsächlich habe ich eigentlich mit allen zwölf Megatrends immer wieder zu tun. Da Megatrends fundamentale und dauerhafte Veränderungen bewirken, ist das vermutlich auch nicht verwunderlich, man kommt an ihnen einfach nicht vorbei. Wenn ich aber eine Priorisierung versuche, dann kann ich sagen, dass ich am intensivsten mit diesen drei Megatrends in Berührung bin: Konnektivität, New Work und vor allem Neo-Ökologie. Das Thema Nachhaltigkeit bringen wir in vielen von unseren Beratungsmandaten aktiv ein, und zwar aus einer positiven Sichtweise. Es geht nicht um Verbote und Einschränkungen, sondern wir stellen für Unternehmen die zusätzlichen Chancen heraus, die das Thema bietet.
Katja Suding
Wie muss das Mindset eines Unternehmens beschaffen sein, damit der digitale Wandel gelingt? Wie kann ein positives Mindset gefördert werden?
Eric Schott
Der digitale Wandel erfordert ein digitales Mindset, das sich konsequent in diesen sechs Dimensionen zeigen muss: Kultur & Zusammenarbeit, Führung, Prozesse & Strukturen, Raum & Umgebung, Technologie & Trends sowie Produkte und Dienstleistungen. Das wird besonders deutlich, wenn in einzelnen Bereichen das erforderliche Mindset fehlt. Zum Beispiel bringt es nichts, wenn man gut digitalisierte Prozesse hat im Unternehmen, das Führungsmodell aber nicht passt, bzw. noch aus dem letzten Jahrhundert stammt. Neuartige und erfolgreiche digitale Produkte und Dienstleistungen entstehen auch nur in einem Umfeld, in dem die Kultur der Zusammenarbeit von einem passenden, nämlich einem digitalen Mindset geprägt ist.
Katja Suding
Was passiert, wenn etwas fehlt?
Eric Schott
Dann fehlt es an Glaubwürdigkeit und es wird es schwer, die Mitarbeitenden mitzunehmen. Dann wird der digitale Wandel kaum zu bewerkstelligen sein und es wird Schwierigkeiten auf dem eigenen Markt geben. Mein Hauptbotschaft ist: Ein neues Mindset gibt es nicht einfach so, es muss durchgängig und sorgfältig orchestriert werden. Das ist eine wichtige Führungsaufgabe. Das Management sollte eine übergeordnete Change-Story in unterschiedlichen Facetten erzählen können. Jede Führungskraft muss vermitteln, was das eigene Unternehmen erreichen will, wohin die Reise geht, warum sie das Ganze machen. Und diese Geschichte muss ständig wiederholt werden. Das hilft den Mitarbeitenden, die einzelnen Initiativen einzuordnen.
Markus Warg
Wie gelingt es, durch neue und andersartige Formen der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen neue Wertversprechen zu schaffen? Was ist, auch mit Blick auf das Mindset, bei der Partnersuche zu beachten?
Eric Schott
Da gibt es zwei Aspekte. Es ist bereits eine große Herausforderung, die Zusammenarbeit innerhalb des Unternehmens besser zu organisieren. Wenn beispielsweise die IT eine neue Rolle erhält, weil sie nun mehr mit den Endprodukten zu tun hat. Wenn man gemischte Teams aus Marketing, IT und Produktmanagement schafft. Wenn dann noch die Zusammenarbeit mit anderen potenziellen Partnern dazukommt, tun sich viele noch schwerer. Doch genau um diese neuen Formen der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen geht es beim digitalen Wandel. Es ist eine große Herausforderung, aber dennoch bin ich positiv gestimmt, dass es am Ende gelingen wird. Neue Formen der Zusammenarbeit sind der Erfolgsfaktor für die Zukunft.
Markus Warg
Welche Rolle spielen Plattformen und Ökosysteme dabei?
Eric Schott
Vor ein paar Jahren haben viele unserer Kunden angefangen, ihre eigenen Plattformen zu entwickeln, die sie selbst bestimmt und bespielt haben. Da waren große Konzerne dabei, genauso wie mittelständische Unternehmen, zum Beispiel aus dem Branchen Automobilzulieferer und Maschinenbau. Die Unternehmen haben sich dann gewundert, warum der Kunde nicht begeistert mitgemacht hat. Für mich lag das daran, dass die Plattformen nur als weiterer Vertriebskanal, als Einbahnstraße gesehen wurden, allerdings nicht aus der Sicht des Kunden.
Heute gibt es zunehmend eine neue Offenheit, es geht in Richtung Plattform 2.0. Erfolgreiche Plattformen werden dabei nicht von einem Partner dominiert, sondern ermöglichen ko-kreativ mit anderen Playern neue Wertversprechen. Auf der Plattform der Zukunft werden gemeinschaftlich Lösungen aus der Perspektive des Kunden geschaffen.
So hat man in der Vergangenheit meist nicht gedacht. Um es mit einem Bild zu sagen: Die Plattformen waren wie restriktive Mautstraßen, zu der nur ganz wenige Zugang bekommen haben – und das war unattraktiv. Die Kunden wollten aber ein frei zugängliches Autobahn- und Straßennetz. Die Plattform 2.0 ist zu 100% Customer-zentriert – um im Bild zu bleiben: Wohin fahren die Menschen mit welchen Verkehrsmitteln, welche neue Wege und welche neuen Möglichkeiten können wir anbieten? Mit welchen Partnern kann ich zusammen eine neue Lösung schaffen?
Katja Suding
Es geht also auch um Innovationen?
Eric Schott
Ja, genau! Nehmen wir das Beispiel innovative Start-ups. Früher waren Start-ups mit ihren oft sehr innovativen Produkten nicht als Lösungskomponente vorgesehen. Dann haben Konzerne begonnen, Start-ups zu kaufen und zu integrieren. Heute müssen Konzerne die Start-ups nicht mehr kaufen, um von deren Innovationen zu profitieren. Auf einer Plattform geht das viel kostengünstiger. Nicht nur weil der Kaufpreis gespart wird, sondern auch, weil die Integration ins Unternehmen wegfällt. Und es geht viel schneller.
Katja Suding
Wie bildet die Service Dominierte Architektur als Bauplan für Plattformen diese Gedanken ab?
Eric Schott
Das Thema Offenheit zieht sich auch hier durch. Denn es geht um die Kooperationsfähigkeit der Partner, um ihre Kultur, die das ermöglicht. Und da spielt die Service Dominierte Architektur und die Umsetzung durch die SDA SE eine wichtige Rolle. Die Architektur ist tatsächlich ein flexibler, zukunftsoffener Bauplan für die kooperative Erstellung neuer Wertversprechen. Gleichzeitig kann ein Kunde auf viele, bei der SDA vorhandene Fähigkeiten und Lösungskomponenten aufsetzen und diese einfach über den Servicekatalog beziehen, ohne sich groß mit Schnittstellen und Anbindungen beschäftigen zu müssen. Der Servicekatalog ist etabliert, bewährt und schon sehr mächtig.
Mir gefällt auch die Möglichkeit, als Kunde digitale Services in den Servicekatalog einzustellen, zu tauschen und damit eigene digitale Lösungen zu monetarisieren. Das alles ermöglicht den Unternehmen Beschleunigung und Flexibilität – sie können besser und schneller neue Wertversprechen realisieren. Neue Formen der Zusammenarbeit entstehen durch die Nutzung von bereits vorhandenen Service-Komponenten. Unternehmen müssen nicht viel Kraft in die eigene Software-Entwicklung stecken, sondern können sich darauf fokussieren, den Wandel zu gestalten und mit ihren Kunden neue Angebote zu entwickeln. Wie die Schnittstellen aussehen und wie die Anbindung erfolgt, das passiert sozusagen im Hintergrund. Darum kümmert sich die SDA SE, da können sich die Unternehmen verlassen.
Katja Suding und Markus Warg
Das hat Spaß gemacht. Wir danken für das Gespräch!